"Saison des régates!"

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Renn 4er Bootshalle Sonnenuntergang

Die Regattasaison hat begonnen und im Ruderclub trennen sich nun zwei Ruderer-Kategorien: die einen, die an den Regatten teilnehmen wollen, und die anderen, die es vorziehen, einfach die wiedergekehrten schönen Tage zu nutzen, um ein bisschen Sport bei einer Spazierfahrt auf dem See zu treiben.

Ein persönlicher Bericht zum Start in die neue Regatta-Saison von unserer Ruderkameradin Delphine, welche in Oberschleißheim und auf dem Starnberger See rudert und leidenschaftlich für die nächsten Regatten trainiert.

Ohne jeglichen Hauch eines Zweifels gehöre ich zur erstgenannten Kategorie. Was absurd erscheinen mag: warum soll ich hart trainieren, wenn ich doch diesen Sommer mit fast 50 offiziell in der Blütephase des Alters ankommen werde? Ist das ein Leugnen des Fortschreitens der Zeit, dummer Stolz, die Erste, die Beste, die Stärkste sein, gesehen und bewundert werden zu wollen? Ehrlich gesagt, allein dieser Gedanke bringt mich zum Lachen. Meine Leistungen bei Marathon- oder Ruder-Wettkämpfen, selbst in Zeiten meiner Höchstform, haben mich seit langem überzeugt, dass ich mich nie auf den 1. Platz irgendeines Siegertreppchens aufschwingen werde. Und bei jedem Marathon oder Head of the River, an dem ich teilgenommen habe, konnte ich feststellen, dass, wenn es im Endergebnis zwar viele Leute gab, die nach mir kamen, mindestens ebenso viele vor mir waren. Und dennoch hat mich die sehr deutliche Wahrnehmung meiner glorreichen Mittelmäßigkeit nie daran gehindert, wieder anzufangen, ebensowenig daran, eine gewisse Befriedigung angesichts meiner persönlichen Anstrengungen zu empfinden: schließlich gibt es keinen kleinen Sieg. Ich trainiere nicht, um die Beste zu sein, sondern, um zu wissen, wozu ich fähig bin, wenn ich trainiere.

Die Wintersaison, die mich auf das Ergo verbannt, ist ein wahres Martyrium. Ich habe dann den Eindruck, nur ein Hamster in seinem Rad zu sein. Ich brauche Luft und Raum, um mich vollständig lebendig zu fühlen, und wenn beim Samstagmorgenrudern die Ausfahrten wetterbedingt ausfallen, kann mich nur die Freude am geselligen Kaffeetrinken mit den anderen Clubmitgliedern über mein Exil fern der Boote hinwegtrösten. Denn, seien wir ehrlich, die Übungen auf dem Ergometer, bei denen es nur um Muskeleinsatz geht, sind nur ein armseliger Ersatz für das wirkliche Rudern.

Krönender Abschluss dieser einsamen, wenig inspirierenden Trainingsmonate ist der Ergotest, der darin besteht, zwei Kilometer so schnell wie möglich zurückzulegen. Acht bis neun Minuten fast unerträgliche Kraftanstrengung, wenn man es ganz ehrlich betreibt. Im Boot ist der Schmerz leichter zu ertragen, denn da weiß ich, dass meine Mannschaftskameradinnen mein Leid teilen und ich schöpfe Kraft aus unserer Gemeinschaft. Während eines Rennens ist es für mich absolut undenkbar, dass ich sie im Stich lasse, selbst wenn ich auf der Ziellinie krepieren müsste. Aber wenn ich allein bin, ist es anders. Dann weiß ich nicht mehr so genau für wen oder was ich mir den Schmerz antue, brennende Schenkel, bitteren Geschmack in der Kehle, starre Blick voll verzerrter Wahrnehmungen, die Lunge wie zerrissen vor verzweifeltem Ringen nach Luft, mich so vollkommen fertig zu machen, dass ich mehrere Tage brauche, um mich davon zu erholen. Aber wie könnte man sonst messen, zu was man fähig ist, wenn man seine Komfortzone nicht hinter sich lässt?

Die schönen Tage kehren nun zögerlich zurück, und es ist an der Zeit, wieder loszulegen, etwas eingerostete Technik wieder zu aktivieren. Bei den ersten Ausfahrten ähneln die Boote eher Pflugscharen, die ihre Furchen ziehen, und weniger Messerscheiden, die durch das Wasser schneiden. Die Hände sind blutig, da noch die Hornhaut fehlt, die vor dem Reiben der Griffe schützt. Die Rettungswesten, die Angst vor dem Kentern im eiskalten Wasser, die Kälte, der Regen beeinträchtigen die Bewegungen, lassen den Ruderschlag verkürzt ausfallen.

Eines morgens schließlich liegt der See spiegelglatt da, in der Ferne gesäumt von den noch verschneiten Bergen. Wir bringen das Boot schnell zu Wasser, eilig bestrebt, die außergewöhnlich guten Bedingungen zu nutzen. Die ersten Ruderschläge sagen uns bereits, dass die Ausfahrt gut werden wird. Wir passen uns schnell aneinander an, da wir schon oft miteinander gerudert sind. Nach der Viertel-Rollbahn des Schlagaufbaus sind unsere Bewegungen perfekt aufeinander abgestimmt. Langsam greifen sie weiter aus, werden gescheidiger und mächtiger, wir bewegen uns wie Seiltänzer mit den Rudern als Balancierstange. Mit aufrechtem Kopf, die Augen fest auf den Nacken der Vorderfrau gerichtet, habe ich nur noch zwei Gedanken im Kopf: achtsame Bewegungen und Druck aus den Beinen. Aufmerksam lausche ich auf den Gleichklang des gemeinsamen Drehens der Ruderholme in den Dollen, das unmerkliche Rollen der Sitze auf ihren Schienen. Und das Boot antwortet uns mit dem ihm eigenen Gesang, ganz sanft, der entsteht durch die kleinen Blasen unter dem Bug, wenn das Boot optimal läuft. So legen wir die Kilometer zurück, die uns von der Roseninsel trennen, und hoffen bei jedem Ruderschlag, dass nichts diese schöne Harmonie stört.

Auf dem Rückweg haben wir beschlossen, Ruderübungen zum Krafteinsatz durchzuführen, bei denen die Herausforderung darin besteht, die Ruderbewegungen auch bei maximaler Kraftanstrengung sauber auszuführen. Unsere Schlagfrau erhöht die Schlagzahl kontinuierlich, und wir tun es ihr gleich, mit geradem Rücken, die Augen fest auf den Nacken der Vorderfrau gerichtet. Das Boot schießt voraus und wir nehmen Geschwindigkeit auf. Ich gebe mich ganz jedem Ruderschlag hin. Zu dem Genuss, meinen Körper in vollem Besitz seiner Möglichkeiten zu beherrschen, mischt sich die Sicherheit, dass meine Ruderkameradinnen dieses intensive Vergnügen vollumfänglich teilen. Das finde ich nach dem Anlegen am Steg bestätigt, wenn sich unsere noch leuchtenden Blicke treffen und wir uns mit einem Anflug von Lächeln auf den Lippen sagen: „Gute Ausfahrt heute Morgen. Das sollten wir wiederholen.“

Bin ich ein Wettkampf-Typ? Vielleicht. Wenn man einen Vorwand braucht, um zu trainieren, eignen sich die Rennen hervorragend dafür. Aber ich bin vor allem mir selbst gegenüber fordernd, denn um diese perfekte Harmonie zu erreichen, muss es einem gelingen, die beiden gegensätzlichen Aspekte zu vereinen, die für die Kunst des Ruderns wesentlich sind: die Feinheit der Bewegungen und die physische Kraft, die es immer zu erobern gilt. Das Glücksgefühl, die ich aus den Momenten ziehe, in denen mir das gelingt, ist im Grunde genommen die einzige Siegestrophäe, für die ich bereit bin, mich voll und ganz hinzugeben.

Verfasserin des französischen Originaltextes: Delphine Hubin
Übersetzung ins Deutsche: Vera Bub und Andrea Kullas