"Ungebremst ins Schilf" - Wanderfahrt auf den Masurischen Seen (Polen)

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in Rudern.

25.08. Lukasz und DieterEigens für Mitglieder des MRC organisierte Lukasz Kaczmarek vom polnischen Ruderverein „Tryton“ in Posen eine Wanderfahrt in den Masuren. Das ganz im Osten von Polen gelegene „Land der 1000 Seen“ ist ein Paradies für Segler – Ruderer sind auf diesen Gewässern dagegen eher so exotisch wie ein Paradiesvogel.

„Die exotischen Sechzehn“ alias die Ruderbegeisterten

16 Teilnehmer und Teilnehmerinnen (12x MRC, 2x TSV Herrsching, 1x RV Tutzing, 1x Astoria Berlin) reisten per Fly & Rail (Anflug nach Danzig, dann weiter mit der polnischen Eisenbahn), per Bus (bei 22 Stunden Fahrt eher ein Erlebnis für Hartgesottene) oder mit dem Auto zum Ausgangsörtchen Ruciane Nida (am Niedersee).

Die Steuermänner - ein eingespieltes Duo

Lukasz, ehem. Leistungsruderer, jetzt geschäftstüchtiger Touristik-Unternehmer, glänzte mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen und erhellte uns engagiert geschichtliche und kulturelle Hintergründe des Landes.

Papa Grzegorz, steter Begleiter, der uns zusammen mit seinem sogenannten „Papamobil“ immer als Erster am Etappenziel empfing, beim Ein- und Aussteigen in die Boote behilflich war und die exotischen Sechzehn unermüdlich mit Wasservorräten versorgte.

Das Material

4 Holzboote (3x gesteuerter Vierer, 1x gesteuerter Zweier) aus den Beständen des Rudervereins „Tryton“ in Posen: Monsun, Sztorm, Spree und Wicher (polnisch für Wirbelwind -> Nomen est Omen würden einige Teilnehmer/innen jetzt sagen…), alte solide Handwerkskunst, etwas in die Jahre gekommen, jedes ein Individuum mit Eigenheiten (auf die sich nicht jeder Teilnehmer einstellen wollte oder konnte...).

Das Gepäck
Die von Hellmuth ausgegebene Devise lautete: „1 Packstück plus 1 Handgepäck“; interpretiert wurde die Devise 16mal – zum Teil durchaus individuell.

Die Mannschaften

Täglich neu gemischt. Immer spannend. Unschlagbar und viel bewundert: die Backboard-Boys. 28.08. Die Backbordboys beim Lagerfeuer

Das Klima
Die hochsommerliche Dauerhitze wurde nur punktuell von kleinen Gewitterschauern unterbrochen. Polen, die neue Toskana des Ostens?

Die Verpflegung

Rotkrautsalat, Weißkrautsalat, Krautsuppe, Tomaten, Gurken, (Räucher-)Käse, Fleisch, Piroggen, sommerliche Suppen und Fisch bildeten die Nahrungsgrundlage. Nahrungsergänzung boten steuerfrei eingeführt Nüsschen, Müsliriegel und Fruchtschnitten. Im Lauf der Fahrt wurden diese zunehmend häufiger durch polnisches Gebäck, Sesame Paluszek (Sesamstangen) oder polnische Wurst- und Käsebrote ersetzt. Der Flüssigkeitsbedarf wurde je nach Tageszeit mit Wasser aus dem Papamobil, gesüßtem Früchtetee, polnischen Bierspezialitäten (z.B. polnischem Radler aus Bier und Himbeersirup), polnischem Cidre, Wodka oder diversen anderen Erfrischungsgetränken gestillt.

Die Unterkünfte

Für jeden Geschmack war etwas dabei. Vom idyllisch gelegenen Campingplatz mit Retro-Charme bis zum modern eingerichteten „Pensjonat“ bot die Auswahl der Unterkünfte ein breites Spektrum. Besonders in Erinnerung bleiben sicherlich die kleinen Resopal-Sommerhäuschen auf dem Camping-Platz in Ruciane Nida: 70er-Jahre-Ostalgie pur.

Die Strecke

Insgesamt 116 km, von Süd nach Nord entlang der Route der größten masurischen Seen, dem Spirdingsee (Jezioro Śniardwy), dem Löwentinsee (Jezioro Niegocin) und dem Mauersee (Jezioro Mamry), umfasste die geplante Route. Dazwischen bewegten wir uns auf einer Reihe weiterer kleinerer, die untereinander und mit den großen Seen über Kanäle verbunden sind.

Die Startlinie

Ruciane Nida. Sommerhäuschen mit Patina und Ostcharme auf einem Campingplatz. Erste Begegnung mit polnischem Bier, polnischer Küche und ausgelassener Tanzfreude der polnischen Urlauber. Am nächsten Morgen: Erster Kontakt mit dem Material – Abladen und Aufriggern. Nach zwei Stunden Werkeln und Basteln in der prallen Sonne hieß es am späten Vormittag endlich: Mannschaft ans Boot, fertig machen zum Einsteigen, Mannschaft steigt ein!

1. Etappe (Freitag, 25.7.)25.08. Ruderfahrt zur fr  hlichen Irene

Von Ruciane Nida ruderten wir bei schweißtreibenden 30° Grad über den beschaulichen Niedersee, passierten komplikationsfrei die einzige Schleuse unserer Fahrt und erreichten am späten Nachmittag den Beldany-See. Auf dem Weg zum Zielort Nikolaiken (Mikolajki) - dem wohl bekanntesten und beliebtesten Ferienort in Masuren und Zentrum des polnischen Wassertourismus – erleben wir dann noch die raue Seite der Masuren: Wir kämpfen uns durch imponierende Wellengebirge und erreichen schließlich den nächsten sicheren Hafen. Strecke laut Plan: 21 km. Strecke gefühlt: 38 km. Strecke laut innerem Navi von erfahrenen Ruderern: 30 km.

2. Etappe (Samstag, 26.7.)

Der Vormittag stand für individuelles Sightseeing im umtriebigen Hafenstädtchen Nikolaiken zur Verfügung. Dank verlässlicher Polnischkenntnisse eines Mannschaftskameradens erlebten die Backbord-Boys an diesem Vormittag in einem einladenden Biergarten die wundersame Piroggen-Vermehrung: Bestelle ein Gericht, erhalte drei! Man munkelt, die Boote hätten daher etwas tiefer im Wasser gelegen als es am Nachmittag dann wieder sportlich wurde: Über den Taltensee und zwei Kanäle geht’s in stille Gewässer: Schilf und Teichmummeln säumen den Wasserweg in den beschaulichen Hafen des Gehöfts Zielony Lasek. 13 km schreiben wir am Abend in unser Fahrtenbuch.

3. Etappe (Sonntag, 27.7.)

Bei gleißender Hitze erwartet uns eine anspruchsvolle Tagesetappe mit 23 km Länge: Zunächst geht es durch zwei Kanäle und den schlauchförmigen Legiener See (Jezioro Jagodne), später passieren wir noch den zweiten der großen masurischen Seen, den Löwentinsee (Jezioro Niegozin). Nach kleineren Zwischenfällen (Brille-über-Bord-Manöver und eigenmächtige Schilferkundungsfahrt eines Bootes) erreichen wir unversehrt den Segelhafen Wilkasy.

4. Etappe (Montag, 28.7.)

Ruhetag! Erholung ist angesagt - beim Sightseeing in Lötzen oder beim erfrischenden Bad im Löwentiner See. Abends erwartet uns eine liebevoll organisierte Grillparty mit polnischen Spezialitäten – sowie ein Wodka-Seminar. Details, wie man Wodka auf echt polnische Art genießen kann, erhalten Interessierte gerne auf Anfrage bei den Fahrtteilnehmern oder beim Wanderruderwart. Immerhin erwähnenswert: Kein Kopfweh am nächsten Morgen!

5. Etappe (Dienstag, 29.7.)

Wir bewegen uns auf dem Kissainsee (Jezorio Kisajno) weiter nach Norden, legen am flachen Strand des Taitasees Mittags- und Baderast ein. Auf der Weiterfahrt brauen sich dunkle Wolkengebirge zusammen. Bei aufziehendem Gewitter und Sturmwarnung schaffen wir es gerade noch uns über einen kleinen Kanal nach Steinort (Sztynort) vor den stärker werdenden Wellen zu retten. 15 km zählte am Ende des Tages der Fahrtenschreiber.

6. Etappe (Mittwoch, 30.7.)

30.07. MRC upside downVon Steinort geht die Route Richtung Angerburg (Wegorzewo). Soweit sollten wir allerdings gar nicht kommen… Wir laufen aus dem sicheren Naturhafen aus und fahren gerade in den Dargainer See (Jezioro Dargin) ein, als es uns schon heftig erwischt: Schaumgekrönte Wellen schlagen uns bei Windstärke 6 -7 mit voller Wucht entgegen. Die „Spree“ havariert innerhalb von wenigen Augenblicken und treibt anschließend vollgelaufen unterhalb der Wasseroberfläche - die Mannschaft, Skulls, Rollsitze, Gepäckstücke darum herum. Die „Sztorm treibt ungebremst ins Schilf – Mannschaft und Boot hängen erst einmal fest. Es folgen: ein geistesgegenwärtiger Rettungseinsatz eines nahen Segelboots, der Einsatz der Wasserwacht, eine große Abschleppaktion, großer Bahnhof der schaulustigen Segler und Touristen im Hafen, tagesfüllendes Trocknen der Siebensachen (oder soll man besser sagen: 1000 Sachen?). Am späten Nachmittag schließlich riggern wir die Boote ab und warten auf das Papamobil samt Hänger sowie auf den kurzfristig organisierten Bustransfer. Schließlich kommen wir doch noch in Ogonken (Ogonki) an. Fazit: Gerade noch gut gegangen!

7. Etappe (Donnerstag, 31.7.)

Gezeichnet von den Erlebnissen des Vortags entscheiden wir uns für ein Kurzprogramm: Zwei Vierer laufen aus. Ihr Weg führt über einen romantischen kleinen Kanal auf dem stillen Schwenzait See (Jezioro Swiecajty). Es folgt ein Abstecher zum Sapina-Fluss – und dann der wetterbedingte Schlussstrich: Der (angekündigte!) Starkregen samt bedrohlich aufziehendem Gewitter ließ uns eiligst den Rückzug antreten und läutet damit das Ende der Wanderfahrt ein. Trotz des abrupten Endes reisen wir nach einem gemütlichen Mittagessen am Nachmittag zufrieden zurück an den Ausgangsort Ruciane Nida. Während einige Teilnehmer die schauklige Fahrt durch die regnerische Landschaft für ein erholsames Nickerchen nutzten, zählten aufmerksame Teilnehmerinnen unterdessen 41 lebende Störche und einen Holzstorch…24.08.Die ersten St  rche

Resümee

Eine reizvolle und spannende Wanderfahrt mit teilweise abenteuerlichem Charakter!

(Text: Gertrud Bräse und Silke Zimmermann, Fotos: Silke Zimmermann)

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