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Im Heimatland des Rudersports ...

 

Liebe Ruderfreunde,

es ist immer wieder erfreulich, wenn Sportler des MRC die Farben des Clubs in die Welt tragen. Nicht nur Tobias Richter in England, nicht nur Constanze Duell in den USA, auch Felix Lammers ist nun schon seit fast einem Jahr in der Schule in England. Von dort erreichte uns der folgende spannende Bericht:

England / Royal Henley 2014:

Ich bin seit September 2013 auf dem Pangbourne College, England. Neben den vielen schulischen Veränderungen, musste ich auch rudertechnisch alles umstellen. Ein neuer Trainer, andere Boote, eine neue Mannschaft.. und das alles in einer anderen Sprache. Ich denke, ich hatte zurecht ein mulmiges Gefühl. Erst im Laufe des Winters, als es  auf die Ergo’s ging und die Quälerei richtig losging, fühlte ich mich langsam richtig wohl. Wir absolvierten unzählige Ergo-Einheiten an den dunklen Wintertagen und das Team wuchs mehr und mehr zusammen. Ich war angekommen.Dann ging es endlich für ein paar kurze Einheiten ins Boot. Überwiegend in Kleinbooten, dadurch wurde das nötige Vertrauen zueinander aufgebaut. Im Frühjahr stiegen wir dann das erste mal in den Achter. Wir probierten verschiedenen Kombinationen aus und der Trainer legte sich schließlich fest, welche Trainingskombination in den nächsten Monaten gefahren werden sollte. Alle im Boot arbeiteten hart, denn es war noch ein langer Weg bis zu den ersten Regatten.

Unser erstes Rennen absolvierten wir auf der berühmten Boat-race Strecke, dem Tideway im Stadtzentrum Londons. Ein vorerst zufrieden stellender 7. Platz. Es lag viel Arbeit vor uns. Vor allem im Achter wurden unzählige Kilometer absolviert.

2 Wochen Trainingslager in Italien sollten uns auf die heiße Phase der Saison vorbereiten. Und wir arbeiteten hart: 4 Einheiten am Tag, dann ging es zurück ins Hotel zum Lernen. Die akademische Seite durfte nicht zu kurz kommen und die Prüfungszeit stand kurz bevor. Wie zu erwarten kamen wir völlig ausgepumpt und müde wieder nach England zurück. Am nächsten Tag ging es wieder in die Schule, um den normalen Rhythmus direkt wieder zu finden. Ende März waren dann die ersten kleinen Regatten.

Jedes Wochenende bis zu 2 verschiedene Regatten. Kleine wie auch große Rennen um möglichst viel Rennerfahrung zu sammeln. Wir trafen erst spät auf andere top-teams, das gab uns die Möglichkeit zu experimentieren. Der Trainer ließ uns verschiedenen Renntaktiken ausprobieren und nach jedem Rennen setzen wir uns lange zusammen um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Taktiken zu diskutieren. Kommunikation war in dieser Phase sehr wichtig, damit jeder zufrieden ist und wir zusammen einen Rennplan entwickeln konnten. Und wir blieben ungeschlagen! Bis Ende Mai überquerten wir die Ziellinie in jedem bestrittenen Juniorenrennen im Achter und auch im Vierer ohne Steuermann vor allen anderen Booten!

In unserem starken Vierer ohne mit 2 Junioren-WM Teilnehmern an Bord und mit mir auf Schlag stellten wir mehrere Streckenrekorde auf. Der Trainer des englischen Junioren Nationalteams begleitete unseren Vierer ohne in mehreren Einheiten. Doch wir wussten, dass das noch nicht genug war. Wir trafen bis zu diesem Zeitpunkt auf keine der großen Crews die uns in Henley erwarten würden. Das sollte sich schnell ändern. 

Nur noch 2 Wochen bis zur National Schools Regatta, der größten Juniorenregatta weltweit und der Top-Regatta im englischen Junioren-Rudern. Alle 20 Achter, einschließlich uns, versuchten sich zunächst in einem ein-Bahningen Zeitrennen für die Halb-finals zu qualifizieren. Uns gelang es mit der Tagesbestzeit eine gute Bahn zu sichern. Nach einem weiteren Sieg im Halbfinale waren wi nun im Finale. Nun zählte es. In einem starken Rennen konnten wir uns dann nach 1500 Metern auf den letzen 500 Metern vom Feld absetzen. Sieg im Achter!

Am nächsten Tag ging es dann in den Vierer ohne. Championship, die höchste Kategorie. Wieder konnten wir uns im Vorlauf und im Halbfinale durchsetzten und gewannen schließlich das Finale! Ich war soweit ungeschlagen in England.

Felix champions


Und das trug uns weiter. 5 Wochen waren es nun noch bis zu unserem Saisonhöhepunkt, der berühmten Henley Royal Regatta. Also steigerten wir die Trainingsintensität und verbrachten noch mehr Zeit auf dem Wasser. Trotz den beiden Siegen bei der National Schools Regatta, die vergleichbar mit der Deutschen Meisterschaft ist, reisten wir als „Underdogs“ nach Henley an. Keiner wusste wie schnell oder langsam wir wirklich wären wenn es drauf ankam. Und das gefiel uns. Wir setzten uns viel mit dem Trainer zusammen und sprachen alles durch. Wir waren zuversichtlich und bereit Großes zu leisten!  Dann ging es schließlich los. Eine unglaubliche Atmosphäre. Wie in einem Traum. 

Als wir unser Boot aus dem riesigen Bootszelt trugen bildete sich eine Gasse von Menschen. Tobender Applaus brach aus. Beim Aufwärmen leistete sich keiner einen Blick aus dem Boot. Wir waren konzentriert und lauschten nur den Menschenmassen die sich an der Strecke versammelt hatten. Und plötzlich lagen wir schon am Start.

Ein Sieg am Mittwoch, in der ersten Runde, brachte uns weiter zum Start am Donnerstag. Dort erwartete uns unserGegner, eine amerikanische Schule, gegen die wir antreten mussten. Mit 2 längen Vorsprung über die 2112m lange Strecke qualifizierten wir uns für das Viertel-finale. Wir waren überglücklich. Danach ging direkt zurück in an die Schule, raus aus der Sonne. Wir wussten was uns am Freitag erwarten würde. Eton College, die größte und eine der besten Schulen in England. Eine Schule die für ihren 1st eight 3 verschiedene Bootsmänner mitbrachten, die der Mannschaft das Boot putzte. Das Rennen am Freitag war Nachmittags. Wir waren hoch konzentriert und auf das Rennen fokussiert

Felix Henley

Doch die schnellste Tageszeit soweit auf den ersten 400 Metern war nicht genug. Es ging Seite an Seite. Das härteste Rennen das ich jemals bestritten habe. Am Ende hat es nicht gereicht. 

Eton College besiegte uns mit 2 Längen Vorsprung. Die Enttäuschung war riesig. Schon als wir am Steg anlegten und von einer Menschentraube erwartet wurden flossen die ersten Tränen. Eine bittere Niederlage. 

Den Abend verbrachten wir zusammen und munterten uns gegenseitig wieder auf. Manchmal muss man eine Niederlage einfach hinnehmen und akzeptieren das man von einer besseren Mannschaft geschlagen wurde. Erst ein paar Tage danach wurde uns klar, was wir eigentlich erreicht haben. Wir sind ins Viertelfinale der Henley Royal Regatta gekommen, haben unzählige Siege in dieser Saison eingefahren und Top-Teams geschlagen.

Insgesamt war es eine unglaubliche Saison mit vielen tollen Momenten, einem wunderbaren Team - das harte Training hat sich ausgezahlt. Nun blicken wir in die Zukunft und freuen uns auf die nächste Saison. Wir haben ein Ziel

Hier ein Video von der Saison:

https://www.youtube.com/watch?v=nOTjJF2kfBg

PS.: Ich würde jedem der die Möglichkeit hat einmal die Henley Royal Regatta zu besuchen oder sogar zu starten unbedingt dazu raten. Es ist ein einmaliges Erlebnis und eine Atmosphäre die man nirgendwo anders bekommt. Dieses Jahr war ich in den Trainingseinheiten auf der Strecke doch sehr einsam in meinem MRC Einteiler! Ich würde mich freuen nächstes Jahr einige MRC Boote auf der Regatta zu sehen!

Felix Lammers