Abschied von einem Ruder-Urgestein - Trauer um Dr. Erwin Perleck

Abschied von Erwin Perleck

Dr.med. Erwin Perleck erblickte am 8. September 1915 in Berlin-Charlottenburg das Licht der Welt. Hier wuchs er auf, ging zur Schule und machte 1934 am Städt. Luisen-Realgymnasium sein Abitur.

Bereits mit 16 Jahren kam er, wie Viele in Berlin, über den Schüler-Ruderverband zu diesem Sport und wurde Mitglied in der RG Viktoria-Grünau.

Er wurde erfolgreiches Mitglied der Trainingsmannschaft und als Leichtgewicht mit 67 kg, auch ein begehrter Steuermann.

Während seines Medizinstudiums  an der Militärärztlichen Akademie und der Humboldtuniversität war er in beiden Hochschulen Mitglied der jeweiligen Achtermannschaft.

Seine rudersportliche Laufbahn wurde am 1. September 1939 mit der Einberufung als Truppenarzt unterbrochen. Er durchlebte den Krieg an den Fronten in Frankreich und Russland. Nach etlichen Verwundungen wurde er in die Heimat versetzt um als Stationsarzt im Lazarett Berlin-Tempelhof zu arbeiten.

Von Tempelhof wurde er gegen Ende des Krieges als Kompaniechef einer Einheit Medizin studierender Soldaten nach München versetzt. Dort erlebte er dann mit dem Einmarsch der Amerikaner das Ende des Krieges.

Erwin Perleck blieb in München, ließ seine Familie nachkommen und eröffnete 1946, nach seiner Zulassung als Facharzt für Allgemeinmedizin, seine eigene Praxis. Nach erfolg- und segensreicher 50-jähriger Tätigkeit, konnte er diese 1995 seinem Sohn übergeben.

Für den geborenen „Preußen“ war nun Bayern zu seiner zweiten Heimat geworden. Hier fand er, nach den ersten Jahren des Aufbaus und der Existenzsicherung, zurück zu seiner zweiten Passion, dem Rudersport.

Er wurde am 1.3.1957 Mitglied im Münchener Ruder-Club von 1880. Mit dem Eintritt in den MRC nahm der 42-jährige alsbald das Training auf und formte mit seinen Ruderkameraden Reichardt, Klinke, Habrich, Kremer einen erfolgreichen Vierer, den Perleck-Vierer. Dieses Boot nahm bald an den bekanntesten deutschen und ausländischen Regatten teil und holte für den MRC zahlreiche Siege und Rangplätze.

Regelmäßiges, hartes Training - 3 x 20km/Woche – brachte 1975 in Wien den ersten FISA-Sieg. Diese Mannschaft startete und siegte bei allen FISA-Regatten von 1975 – 1983, sei es im Achter oder Vierer.

Dr. Erwin Perleck war zu Recht in Süddeutschland Wegbereiter und Förderer des Altersklassenruderns. Gemeinsam mit seinen Freund Otto Kuhlmann – die Ruderduelle mit dem gleichalten Lübecker Team um Dr. Carsten Groth sind legendär – hat er das Veteranenrudern geprägt.

 

Erwin Perleck : Der Mann mit den Kameras !

Sein Foto- und Filmarchiv ist riesig und enthält einmalige und seltene Zeitdokumente. Selbstverständlich wurde jede Regatta an der er teilnahm, aber auch Ruderereignisse wie die Olympischen Spiele 1972, das Ruderchampionat 1976, die WM 1981, die Junioren-WM 1994 und andere, auf Celluloid festgehalten.

Es wurde fotografiert und gleichzeitig gefilmt. Meist ging das nur mit Hilfe der Familie, besonders seiner lieben Frau Ursula, die ihn leider nach 58-jähriger, glücklicher Ehe, im Jahr 2001 für immer verlassen hat. Er hat aber nicht nur Regatten aufgenommen, er hat auch seinen Münchener Ruder-Club im Alltags- und Feiertagsleben mit der Foto- und Filmkamera begleitet. Seine Fotoalben und seine Filme enthalten 50 Jahre Clubgeschichte. Eine archivarische Dokumentation von unschätzbarem Wert.

Für seine Verdienste um den Club und die stetige Förderung und Unterstützung der Jugendarbeit verlieh ihm der MRC1880 im Jahr 2000 die Ehrenmitgliedschaft.

Seine Familie, Arzt aus Berufung, Ruderer aus Leidenschaft und begeisterter Kameramann,  diese vier Pole, die sich auf glückliche Weise unter der Überschrift Rudern vereinigten, bestimmten sein Leben.

Am 15. August, im gesegneten Alter von fast 96 Jahren, trat er seine größte und letzte Fahrt an. In Starnberg weht die Fahne auf Halbmast und wir trauern mit der Familie, besonders mit seiner Tochter Angelika.

Der Münchener Ruder-Club verneigt sich vor  Dr. Erwin Perleck. Wir sind dankbar, dass wir 54 Jahre sein Leben begleiten durften.

 

Rolf Oberschür